Oder: Wie viel Zeit darf Sozialkunde haben?
Wie funktioniert eigentlich unser Staat? Wo kann ich mich einmischen, wenn mir etwas nicht passt? Wer legt eigentlich fest, welche Leute im Stadtrat sitzen? Und was die dort machen (müssen)? Wer hilft mir, wenn mich jemand übervorteilen will?
Wenn wir von „mündigen Bürgern“ sprechen, reden wir von Menschen, die wissen, was in ihrem Umfeld geschieht, wie Politik „funktioniert“ und ihre Rechte und Möglichkeiten kennen.
Dieses Wissen muss man sich erstmal aneignen. Ein Weg vom Publikum zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern führt also an Bildung entlang, und für die meisten von uns führt dieser Weg mitten durch die Schule. Genauer: durch den Sozialkunde-Unterricht.
Genau für den möchte der Freistaat Thüringen die Stundenzahl halbieren, zumindest aber kürzen.
Ob das eine gute Idee ist? Wenn wir auf verschiedene politische Diskurse schauen, die derzeit öffentlich ausgetragen werden, sollte hier mindestens ein Fragezeichen gesetzt werden, vielleicht sogar ein Emoji: 🤦♂️
Ja, Unterrichtszeit ist knapp und die Schule soll heute alle möglichen Themen abfangen. Und angesichts des Lehrermangels scheint es nicht nur schwierig, gutes Personal zu finden, sondern schon schwierig genug, überhaupt Personal zu finden.
Aber sollte die Lösung dann einfach sein, einfach alles zusammenzustreichen?
Demokratie, Staatsaufbau, Politik – das sind alles komplexe Themen. Und wenn wir den 35 Stunden glauben, die laut Petition in der gesamten Schullaufbahn übrig bleiben, dann wird das arg knapp.
Nachdem ich zufällig die alte, „ungekürzte“ Menge Sozialkundeunterricht genießen durfte in ebendiesem schönsten Thüringen auf der ganzen Welt, und mich nun, eine – ähem – kleine Weile später, einmal so umsehe bei den ehemaligen Klassenkameraden, welches Wissen die noch beherrschen: da sollten wir lieber nichts kürzen. Eher noch eine ganze Schippe Unterricht mehr drauf.